Rezept der Stolzenburger Hanklich zum Nachbacken

Mein Rezept der Stolzenburger Hanklich

Sie sieht zwar tatsächlich schlicht und einfach aus, jedoch ist die Zubereitung recht aufwändig, streckenweise knifflig und sehr zeitintensiv. Am besten sollte man einmal beim Backen dieses Gebäcks dabei gewesen sein, danach ist alles einfacher.
In Stolzenburg wurde, wie auch in anderen siebenbürgischen Ortschaften, zu hohen kirchlichen Feiertagen sowie zu Tauf- und Hochzeitsfesten immer die sog. „gefaltete“* Butterhanklich gebacken. Die Form dieses Gebäcks ist quadratisch und knapp 30×30 cm groß. Das Rezept einschließlich sehr wertvoller Tipps hat mir eine Stolzenburgerin verraten, die mir vor drei Jahrzehnten das Hanklichbacken in ihrem Zuhause in einem kleinen Ort nahe Rothenburg o.d. Tauber live vorgeführt hat. Die Mengenangaben können von Haus zu Haus variieren und so haben sich zwei Arten von Hanklich herauskristallisiert: die Scheben- und die Soiwert-Hanklich. Die Bezeichnung stammt von den Familiennamen Schieb und Siewert und bezieht sich eigentlich nur auf die Dicke des Kuchenbodens: Erstere hatte einen dickeren und letztere einen dünneren Boden. Beide schmecken ansonsten gleich gut!

Hanklich

 Das vorliegende Rezept ist daher nur eine Variante. Da ich keine „echte“ Stolzenburgerin bin, freue ich mich über Verbesserungsvorschläge und Richtigstellungen.
Mein Standardquantum ergibt aus 1 kg Mehl sechs Stück Hanklich. Sie hält sich tiefgefroren für mehrere Monate, schmeckt aber natürlich frisch gebacken am besten. Eine Hanklich wird zünftig immer in Dreiecke geschnitten und dazu nehmen „echte“ Stolzenburger gern einen Pali (Schnaps). Ich bevorzuge ein Gläschen Weißwein.
Arbeitszeit: ca. 4 Stunden
1.Zutaten:
a) Hefeteig:
1 kg Mehl
1 Päckchen Hefe, in etwas lauwarmer Milch mit 1 KL Zucker aufgelöst
2 Eier
ca. 400-600 ml lauwarme Milch, bzw. wieviel der Teig annimmt
Salz (ca. eine Messerspitze)
optional Zitronenschale, Vanillezucker
zum Falten des Teiges: ca. 150 g zerlassene frische Butter

b) Belag (am Vortag zubereiten!):
3 Stück Butter à 250 g (Süß- oder Sauerrahmbutter ist egal), geklärt, s.u.
ca. 10 kleine Eier oder 8-9 große.

2.Arbeitsschritte:
a) Das Klären der Butter (am VORTAG zubereiten!): in Stolzenburg gebrǝdä Båtter genannt: Für das oben genannte Quantum in einem kleinen Topf 3 Stück Butter bei niedriger Stufe so lange auf dem Herd köcheln, bis sie goldbraun und klar ist. Wenn sich am Boden des Gefäßes ein hellbrauner Belag bildet, ist die Butter ‚geklärt‘. Dies dauert so ca. 20-30 Min. und zum Schluss muss man aufpassen, dass man den Übergang von hellbraun zu verbrannt nicht verpasst! Die Butter kann man übrigens auch etliche Wochen vorher klären und im Kühlschrank aufbewahren. Angeblich ist handelsübliches Butterschmalz genauso gut wie selber hergestellte geklärte Butter, aber ich habe es noch nie ausprobiert.

b) Der Belag, am Vortag zuzubereiten! Faustregel: Etwas mehr Butter- als Ei-Masse: hier also ca. 600 ml (geklärte) Butter (aus 3 Stck. Butter à 250 g) und ca. 450-500 ml leicht verquirlte Ei-Masse (ca. 8-10 Eier, je nach Größe der Eier).
In die bereits vorher leicht verquirlte Eiermasse gießt man unter Rühren mit dem Mixer auf Höchststufe nach und nach die heiße geklärte Butter hinein, bis sich die Zutaten gut vermischt haben. Die noch warme Mischung sofort in den Kühlschrank stellen, wo die Masse kalt und fest wird. Am nächsten Tag, verquirle ich die fertige Butter-Ei-Masse noch mal kurz, da sich am Boden des Gefäßes meistens etwas Ei-Masse absondert, und streiche sie dann nacheinander auf die 6 Teigteile (s.w.u.). Zwischen dem Backen der einzelnen Teile gebe ich den restlichen Belag immer wieder zurück in den Kühlschrank, damit er weiter kalt und fest bleibt.

c) Teig:
Die in etwas Milch gut aufgelöste Hefe wird in die Schüssel mit den anderen Zutaten gegeben, alles vermischt und behutsam mit dem Mixer geknetet, bis sich der Teig vom Schüsselrand löst. Er soll auf keinen Fall so fest wie Brotteig sein, sondern sich leicht, locker und elastisch anfühlen. Also ggf. noch mehr lauwarme Milch zugeben.
Den Teig an warmem Ort gehen lassen, bis er doppelte Größe erreicht hat.
Den aufgegangenen Teig auf einem großen bemehlten Nudelbrett (meines ist ca. 82×60 cm groß) oder auf der Tischplatte, die mit einem weißen, sauberen Tischtuch bedeckt ist, auf die o.g. Größe auswalken, mit zerlassener Butter (oder Margarine) reichlich bestreichen und folgendermaßen zusammenfalten: ein gedachtes Drittel von rechts auf das mittlere (gedachte) Drittel klappen, wieder mit Butter bestreichen, dann das linke Drittel des ausgewalkten Teiges drüber schlagen, und wieder bestreichen. Nun das obere Drittel des erhaltenen Mittelstreifens von oben auf die Mitte klappen, mit Butter bestreichen und schließlich das untere Drittel darauf klappen, so dass der Teig nun ungefähr die Maße eines DIN-A-4-Blattes ist und wie ein dickes Buch aussieht. Diesen Teigblock, in Klarsichtfolie verpackt, ca. 30 Min. kaltstellen. Danach wieder auf die ursprüngliche Größe auswalken. Den Teig mit dem Radl (in Stolzenburg: det Kroizeltchen) in 6 gleich große Teile schneiden, die annähernd quadratisch ausfallen. Mit einem Messer geht das Teilen auch, aber dann sind keine Zacken am Rand.
Diese 6 Teigplatten hebe ich – noch vor dem Bestreichen mit dem Belag – nun einzeln, nacheinander, jeweils in ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech, ziehe sie ggf. noch in eine halbwegs quadratische Form und streiche erst hier, auf dem Backblech, den kalten, festen Belag (s.o.) dick auf den Teig. Ringsherum lasse ich einen Zentimeter Rand.

d) Das Backen. Knackpunkt: Die richtige Temperatur!
Der Backofen wird erst auf Höchsttemperatur, 250-300° C, vorgeheizt (Ober-/Unterhitze oder Umluft, anfänglich evt. sogar KURZ Grill) und Blech auf mittlere Schiene geben. Bereits nach ein paar Minuten ist der Belag stabil und kann nicht mehr vom Teig herunterfließen. Das erkennt man daran, dass sich oben eine Haut bildet wie beim Milchkochen. Daher die Temperatur sofort auf ca. 200 Grad herunterschalten, damit die Oberseite nicht verbrennt. Manchmal bildet die Hanklich beim Backen eine große Blase, ähnlich einem Luftkissen. Sie soll nur hellbraun werden und auch von unten leicht Farbe abbekommen, was aber nicht so gut klappt wie früher im großen, gemauerten Brotbackofen.
Die gleiche Prozedur wiederholt sich nun nacheinander mit den restlichen fünf Teigplatten, die Backzeit ist jeweils ca. 10 Min. Nur muss man vor jeder neuen Portion die Temperatur des Backofens wieder hochdrehen, damit der Belag gleich „bindet“ und sich nicht die Butter vom Ei trennt.
Gleich nach dem Backen wird die Hanklich mit Puder- und fein gemahlenem Vanillezucker bestreut.

Richtig nur in Dreiecksform

Es war einmal

Früher wurden die Zutaten für den so temperaturempfindlichen Belag direkt auf dem gesamten Hefeteig vermischt: Man walkte den Teig auf einem rechteckigen Küchentisch, der mit einem weißen, sauberen Tischtuch bedeckt war, auf die ganze Größe des Tisches aus, (ca. doppelt so groß wie mein Nudelbrett, 2 kg Mehl ergaben also 12 Stück Hanklich) und verteilte die leicht verquirlten Eier mit den Händen auf dem Teig. Dann wurde die heiße, aber nicht zu heiße, geklärte Butter nach und nach dazu gegossen und alles mit den Händen so lange vermischt, bis die Butter aufgebraucht war, sich mit den Eiern vollständig verbunden hatte und der Guss fest war. Als Kind durfte ich einmal bei der Nachbarin mithelfen, vorher musste ich mir natürlich ordentlich die Hände waschen! Es war lustig, mit den Händen die Eier zu zerquetschen und mit der warmen Butter zu vermischen. (Dieses haptische Erleben könnte man heutzutage durchaus bei Kindern und Kranken zu therapeutischen Zwecken einsetzen…)
Zum Schluss hatte der Belag die Konsistenz und auch das Aussehen von Mayonnaise. Danach wurden mit Zeige- und Mittelfinger Linien für die Teilung in 12 Portionen (3×4) gezogen, indem der Belag entlang der Markierung weggestrichen und der freigelegte Teig mit dem Radl wie gewünscht geteilt werden konnte. Das ergab an jeder Hanklich einen 1-cm-breiten Rand, über den der Belag nun auch nicht mehr hinaus fließen und sich möglicherweise unerlaubt in den Backofen ergießen konnte. Alles sah nun ordentlich, hübsch und appetitlich aus. So, wie es sich gehört.

Guten Appetit!

Datum: 19.11.2023
Anmerkung: Die meisten Mengenangaben und Maße sind circa-Werte, da ich „nach Gemirk“ koche und backe.

Bei Fragen, Vorschlägen und Anregungen zum Rezept gerne anrufen: 09369-761, Astrid K. Thal

*Genau genommen heißt es auf Siebenbürgisch-Sächsisch „gefaltene“: Bei einigen Verben existiert in der Mundart (und in der Umgangssprache) im Perfektpartizip noch die alte, „starke“ Form: „gefalten, während die Hochsprache die sprachgeschichtlich jüngere, „schwache“ Form übernommen hat: „gefaltet.

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