Aberglaube

Schatzgräber und andere Geschichten aus Stolzenburg

Von Johann Plattner
Hermannstadt
Buchdruckerei Jos. Drotleff 1909

Sonderabdruck aus „Landwirtschaftliche Blätter für Siebenbürgen“

Verborgener Schatz liegt sicher

Sprichwort.

Die Erde birgt nach dem phantasievollen Volksglauben unzählige Schätze von Gold und Silber, die in irdenen Töpfen sich befinden. Sie wurden von früher lebenden Menschen in die Erde begraben, teils bei Herannahen von Feinden, teils aus purem Geiz, damit das Zusammengesparte nicht in die Hände ungeliebter Erben falle.

Die Hut aller dieser Schätze hat der Teufel selbst.

Alle Jahre blüht der Schatz einmal, indem er, je nachdem er aus Gold-oder Silbermünzen besteht, eine gelbe oder weiße Flamme „aufwirft“. Dreimal steigt diese ruckweise empor und senkt sich ebenso, und ist sie „verflackert“, so bleibt eine Münze an der Oberfläche liegen und ist zuerst glühend heiß.
Das dreimalige Blühen dauert kurze Zeit und will man zur Schatzstelle gelangen, so muß man sich sehr beeilen und schnell hinlaufen. Aber es ist große Vorsicht bei diesem Laufen geboten, denn der „Böse“ wirft einem allerhand Hindernisse in den Weg und man fällt und fällt, und – das Blühen hört auf, bevor man zur Stelle ist.
So erging es meinem Hüter Bloos. Er sah eines Morgens auf „unserem“ Stück, gegenüber seinem Standort, im Weingarten einen großen Schatz blühen.

Sofort lief er, was er konnte, demselben zu.. Aber – er sah nur auf die rasch nach einander „aufstoßende“ Flamme, und nicht auch vor sich hin, geriet in das zwischen ihm und dem Schatz liegende Weizenfeld dessen Halme stellenweise „gefallen“ waren (lagerten). Er verwickelte sich, stürzte, so lang er war, in den taufeuchten Weizen, sprang wieder auf, setzte den eiligen Lauf fort, fiel abermals, und – bis er aus dem Weizenfeld heraus war, hatte der Schatz verblüht. Er ging nun dennoch eilends zu der sehr gut kenntlichen Stelle bei dem stark angebrannten Rebpfahl – laufen konnte er nicht mehr, denn es war ihm der Atem ausgegangen, – doch – er fand auch die Münze nicht mehr, sie war in die Erde zurückgegangen. Hätte er gewußt was er nicht wußte, nämlich daß er die Joppe ausgezogen und sie auf der Ende nachgeschleppt, oder irgend ein Kleidungsstück nachgezogen, so hätte das „Blühen“ gedauert bis en zur Stelle war, und „wir“ wären jetzt Besitzer eines großen Schatzes, die Flamme war sehr groß – und hätten keine Sorgen mehr.

So schläft er nun dort, der schöne Schatz, im Weingarten. Wir kennen die Stelle, wo er geblüht, kommen aber unmöglich dazu, nach ihm zu graben, trotzdem der lange Erdbohrer gleich gemacht wurde. Ist der Schatz nicht für uns bestimmt? Und verwickelte der Teufel deshalb den eifrigen Hüter im gelagerten Weizen und läßt uns nicht zum Graben kommen?
Denn – den Schatz hebt nun der, dem er bestimmt ist, und es gibt viele Menschen auf dieser Welt. Auch die begehrte Braut führt ja nur der heim, dem sie bestimmt ist, oder der „ vulgär gesagt“ das Glück hat und – rechtzeitig zur Stelle ist..
Und es war ein wirklicher Schatz, denn er blühte vormittags, und das sind die wahren Schätze. Er „zeigte sich“ auch im Blühen, was er nicht Jedermann gewährt. Denn nicht Jeder kann Schätze blühen sehen. Der sie aber blühen sieht, kann sie heben, wenn er weiß, wie er sich „stellen“ soll und – wenn er heilig ist, d. h. keine Sünden hat. Erfreut er sich aber, wie das bei Vielen der Fall sein soll, dieses Vorzuges Weniger nicht, so ergeht es ihm, wie unserm Bloos und wie denen, die in der folgenden Erzählung auch Schätze heben wollten, Schätze zum Teil, wie der Wahrsager von Ucsa sagte, so groß, daß man ganz Siebenbürgen damit für ewige Zeiten „erhalten“ könnte.

Der Erzähler hatte auch einmal das Glück, einen solchen Schatz blühen zu sehen. Er sah in seinem Leben wohl mehrere Schätze die, waren aber nicht für ihn bestimmt; der Böse hielt ihm den Fuß oder verwickelte ihn und er kam nicht dazu.. Dieser Schatz aber schien für ihn zu blühen, dort jenseits der Gemeinde auf kahlem Herbstfeld weiß „wie das elektrische Licht“ und so hoch und so dick wie eine gewöhnliche Korngarbe. Er weiß auch die Stelle ziemlich genau, im schwarzen Ackerfeld, aber – es will niemand mitkommen in der „Geisterstunde“ d. i. von 11 Uhr nachts an, zu graben, und allein getraut er sich auch nicht, es zu tun. Es soll auch sonst im Leben nicht gut sein, allein zu gehen.
Ich eile den Nachmittag desselben Tages, da keine Wald-Schnepfen waren, mit meinem Geheimnis zu den mir bekannten Schatzgräbern, die so lange diesen Kunst nachgegangen, bis sie Schottergewinner geworden sind.
Hier brauchts keine besonderen Künste, bloß angestrengte Arbeit, und man findet dabei noch sein tägliches Brot.. Was half es auch dem Schiffs- Sackträger in Ofenpest Stein, daß er den großen Treffer machte und das damalige größte Bauwunder der Hauptstadt, das Palais Stein in der Udraffnstraße erbauen ließ? Er verspekulierte sich bald und starb als – Schiff-Sackträger.

Im folgenden will ich nun erzählen, wie diese weisen Schottergräber meine Mitteilung aufnahmen und wie sie sich dazu äußerten.
Es waren besonders drei unten ihnen, die sich in diesen geheimnisvollen Sagen auskannten : ein Sachse, in den Sechzigern stehend und großer unfreiwilliger Humorist; ein Zigeuner, ein Siebziger, mit kneckschwarzem Haar, und ein zweiten Zigeuner im besten Mannesalter und in Schätzen sehr erfahren.
Ich sprach zuerst den Ältesten, Kuliz, an (der Arme ist unlängst plötzlich gestorben), betonte besonders laut das Wort „Komäre“ ( Schatz) um die andern auch gleich bei mir zu haben und begann:
Kuliz ! Ich habe eine Komäre (Schatz) „blühen“ gesehen. Kommst du mit, daß wir sie graben?, So sprach ich zu dem alten Romano-Bäieschen vulgo Bäieschel, den trotz seiner 70 Jahre jahraus, jahrein in der Erde „grübelte“, teils um Schotter zu gewinnen, teils um für neue Weingarten Anlagen zu rigolen, in früheren Jahren auch, um Schätze zu graben.
Durch die langjährige Berührung mit dem Reiche des Erdgeistes hat er selbst auch das Wesen eines Erdgeistes angenommen. Er ist still verschlossen und mißtrauisch, oft schroff, wenn man ihn in seiner Grabarbeit stört, und trägt der Menschheit gegenüber eine offenbare Geringschätzung, ja Verachtung zur Schau. Alles, was heutzutage geschieht, ist nichts wert in seinen Augen. Denn die Menschen sind schlecht, arm, dumm und dabei doch so hoffärtig. Ja, die Bauern und Bäuerinnen, die zu seiner Kind- und Jugendzeit lebten, das waren Leute, Menschen, vor denen man Respekt haben mußte und auch gerne Respekt hatte!

Aber diese Heutigen – da spuckt Kuliz nur verächtlich über die Schulter, um auf diese drastisch–unfeine Art auszudrücken, wie armselig die Epigonen sind.
Trotz den Siebzig sind Haupthaar und Schnurrbart noch fast ganz schwarz, die mittlere Gestalt gedrungen, die Schultern breit und voll, die Brust weit und muskulös, ebenso Arm und Beine. Nun die Haltung ist gebückt, man weiß nicht, beugt sie das Alter oder kommt es von der gebückten Stellung des Erdarbeiters. Die kurzstielige schwarze Tonpfeife ist gewöhnlich im breiten, starklippigen Mund, und er scheint den schmierigen Mundwinkeln nach zu schließen, beim Ausgehen des Tabakvorrates (auch „Skrum“ oder „Bago“ – vom Speichel aufgeweichter Rest der Tabakasche in der Pfeife) – zu genießen.
Das stets funkelnde, bei lebhafteren inneren Vorgängen, besonders bei Geißelung der heutigen Albernheit der Menschen, hell aufleuchtende Auge blinzelt fortwährend unter den dichten Augenbrauen hervor, fort auslugend, ob es etwas Besonderes, Gescheites, Albernes oder Angenehmes zu hören oder zu sehen gäbe; vor allem aber konzentriert sich das Hören und Sehen auf ein Paket spendierten Tabaks oder einige Äpfel, die er mit seinem ausgezeichneten und echten Gebiß noch meisterlich behandeln kann.

„Also Kuliz“, sage ich nach Hinwerfen von Tabak oder Obst, denn aus seinem Erdloch entfernt er sich auch um diese Dinge nicht, kommst du mit ?

„Ba“ ( Nein) sagt er und gräbt oder schaufelt weiter.

„Aber warum nicht ? Ich habe die Komäre mit meinen Augen blühen gesehen, gestern um 11 Uhr vormittags in den „Hinsuri“ (romänischer Riedname (Flurname)), unter dem „Burgbesch“.

„Kommst du mit ?“

„Ba“ rief der Kuliz fest und gräbt weiter, mich kurz von der Seite anblickend.

„Aber warun willst du nicht mitkommen ? Du kennst dich doch, wie ich gehört, im Schatzgraben aus ?“

„Ich komm nicht ! Aber wie war`s Herr ? Erzähl !“

„Schau, gestern ging ich „hinter das weiße Reg“ Schnepfen suchen“ – Kuliz maß mich verächtlich, als wollte er sagen: Ihr Herren geht müßig und ich arbeite –, „wie ich aber sehe,
das noch immer keine gekommen sind bei diesen trockenen Wetter, setze ich mich an der Sonnenseite nieder, um ein wenig zu essen“,

-Kuliz misst mich wieder verächtlich, als wollte er sagen: Ihr Herren esset, ohne zu arbeiten. – „Und wie ich da sitze, was sehe ich auf der anderen Seite der Gemeinde, in den „Hinfuri“ ? ein weißes Feuer, weiß wie der helle Mond. Ich denke, es sind Kinder dort und diese haben in der Kukuruzstoppel ein Feuer gemacht. Aber beim näheren Hinsehen bemerke ich, dass weit und breit weder Vieh noch Rind noch Mensch ist. Uha ! denke ich, das ist eine Komäre !“

„Wie war das Feuer, Herr ?“

„Es war ganz weiß; zuerst klein, dann wuchs es wie eine Garbe so groß, nahm dann wieder ab, war zuletzt wie ein kleiner weißer Stein und erlosch nach ungefähr zwei Minuten ganz.

„Es ist Silber“, bemerkt Kuliz, „Silber, hol es der Teufel !“ und gräbt weiter

„Ich habe mir die Stelle gut gemerkt; sie ist leicht zu finden, — kommst du also zum Silber ?“

„Ba“ ruft er ganz ärgerlich und bückt sich zur Arbeit.

“Aber, Kuliz du bist doch ein spaßiger Mensch! Du hast mir so oft erzählt, wie viel Gold und Silber in der Erde vergraben liegt, wie oft du nach diesen Schätzen gegraben, — und jetzt warum kommst du nicht mit?“

„Darum!“

„Ja, warum?“

„Ich hab es genug probiert, Herr! Jetzt tue ich es nicht mehr, denn al dracului e deavolu!“ (Dem Teufel ist der Böse.)

„Was geht denn das den Teufel an, wenn wir nach diesem Silber graben?“

„Herr“, sagt Kuliz und nimmt eine belehrende Miene an.

Wenn er belehren will, was er so gerne tut, denn er weiß vom Leben und vom Erdgeist gar vieles, dann lässt er auch den Krampen oder Schaufel ruhen, zündet die Pfeife an und sucht mit seinem geheimnisvollen Wissen zu imponieren. „Herr ! wo Geld ist, da ist auch der Teufel!“ Hierbei schlägt er sich das Kreuz und murmelt: „Herr behüt! Merk dir das, Herr!“

„Was sagst du Kuliz?“

„Wo Geld ist, da ist auch der Teufel! das weiß ich.“

„Aber diese Komäre muß ja nicht aus Geld bestehen. Es können ja aus Silber oder Gold verfertigte Gegenstände sein“

„Ist Geld wert“, erwiderte Kuliz „So gut wie Geld, und da ist er auch dabei, ich weiß es nur zu gut.“

„Aber“, warf ich ein, „dann muß er ja auch hier in deinen Schottersteinen sein, denn sie bringen ja auch Geld.“

„Na, weißt du das nicht, Herr? In den Steinen ist er ja zuhause ! Darum ist er so schwer, der Stein, und die Arbeit an ihm, und so oft mit Erde vermischt. Und woher macht man so viel Geld, als aus Steinen ?“

„Und du gräbst hier ohne Furcht ?“

„Nur am Tage, Herr. Da ruht er; schläft aber nie. Zur Nacht aber hier arbeiten – Herr behüte ! Da gräbt kein Mensch Schotter, außer er ist den Teufel eins und dann auch ihm“.

„Also wo Geld ist, da ist auch der Teufel, Kuliz, so meinst du?“

„Hast du das noch nicht erfahren, Herr?“

„Du kannst recht haben, Kuliz. Ich habe viel Unglück durch Geld oder des Geldes wegen entstehen sehen. Ich achtete aber nicht weiter darauf.“

„Ja, Herr, das bedenkt man erst nach und nach, je älter man wird, je mehr man gesehen und erfahren – Hoho ! nach vielen Jahren erst versteht man das, wenn man überhaupt Lebtage gehabt hat. Aber die Meisten bringt er gleich um. Nur die auf unseren Herrgott, den lieben Vater im Himmel, nicht vergessen und denen er die Sünden verzeiht, leben weiter; aber sie wissen lange nicht, wie. So stark schlägt er.“

„Also, du weißt dies? Du vergisst auf den himmlischen Vater nicht? Warum kommst du dann nicht mit?“

„Herr! der Schatz ist dort. Ganz bestimmt. Der Schatz, der vormittags blüht, der ist dort. Und nicht jedermann kann dieses blühen sehen. Nur besonders Auserwählte. Du kannst ihn auch heben zwischen 11 und 1 Uhr nachts. Dir lässt er ihn. Denn Gott hat dir ihn gezeigt. Nimm dir einige Leute, aber heilige, sündenreine. Ich komm, wie gesagt, nicht. Die Leute sollen aber auch im Hingehen, beim Graben, und beim Heimtragen des Schatzes, heilig sein, sonst –„

„Wie ist das aber zu machen?“

„Auf dem ganzen Weg bis hin darf kein Wort gesprochen und nicht geraucht werden. So auch bei der Arbeit, und so auch, wenn man den Schatz heimbringt.“

„Hast du es so gemacht?“

„Hm! Wahrscheinlich habe ich viele Sünden, Herr verzeih sie mir! Denn immer, kaum fingen wir an zu graben, war er über uns und dann — Herr behüte einen jeden!“

„Wieso? Wie war’s denn? Erzähle ! Erzähle !“

„Na ich sollte eigentlich arbeiten und nicht plaudern ! Aber weil du es bist, Herr — du stammst noch von ordentlichen Leuten — damals gab es noch solche — mehrere! Dir will ich erzählen. Alles sollst du hören.“ Dabei zündete Kuliz die inzwischen ausgegangene Pfeife wieder an, tat ein paar kräftige Züge, um sich zu vergewissern, ob sie richtig brenne, und setzte sich auf den Grabenrand, sah nachdenklich, wie sich entsinnend, zu Boden und erzählte:

„Schau, Herr ! Vieles, vieles hat der Herrgott den Menschen gegeben, damit sie leben können. Und die meisten sind es nicht einmal wert. Es ist vieles auf der Erde; aber das meiste ist in der Erde verborgen. Und damit nicht jeder Lump dazu kommt, von diesen vielen Schätzen sich zu nehmen, hat er ihn bestellt — Herr behüt und verzeihe uns die Sünden! — diese Schätze zu bewahren. Nur wer Gott lieb hat, nur den darf er sie nehmen lassen. So einer war dein Urgroßvater, der reiche Hons Siewert (Johann Siewert). Der hat bekommen ! Genug !“
„Das soll ja ein Märchen sein, Kuliz !“

„Ein Märchen ! Das sagst du mir, Herr? Das weiß ich besser wie du, der du damals gar nicht auf der Welt warst. Ich habe die Stelle unterm Birnenbaum gesehen, dort unter der „Hill“, und habe auch die weiße Stute gekannt, die sich unter dem schweren Schatz den Rücken zerbrochen hatte. Ja gesehen, gekannt habe ich sie beide ! Ja, ja!“

„Und er hatte gefunden?“

„Genug! Wer hat seitdem wie Hons Siewert im ganzen Umkreis? Jeder war im schuldig in der ganzen Gemeinde, die Herren in der Stadt, die von Gießhübel und bis nach Seiden hinauf überallher kamen die „Kamete“ (Interessen). Ja, der hatte es!“

„Und du hast ja auch blühen sehen? Warum hast du dich nicht bemüht, auch ein Pferd zu beladen ?“
„Bemüht habe ich mich wohl, aber ich muss wahrscheinlich sündig gewesen sein.“
„Wieso denn?“

„Na, weißt du, Herr! Es waren damals eigene Zeiten, und ich war jung und stark und dumm. Damals waren wenig Gendarmen, aber Vieh, Ochsen, Pferde genug. Der Kurasch (Mut) hatte, zu stehlen, der stahl, wo er konnte. Viele taten dies. Aber auch beim Stehlen ist der Teufel; denn es bringt Geld. Ein, zwei oder vier schöne Stuten nach Burgberg in den Wald, dann nach Gesäß, dort drei, auch sieben Tage im Wirtshaus. Wie die Herren gelebt ! Dann stahl man in der Gegend wieder so viele und brachte sie, wenn man Hirte war, mit Felelat (verantwortlich) den Geschädigten zum Erfaß, wenn nicht nach Reps, in Sekui (Szeklerland).

„Aber es gab auch allerhand anderes zum Stehlen. Ein oder zwei Paar schöne Ochsen. Im Wald angebunden, dort gegen Burgberg. Dem Sachsen ließ man sagen, wo ungefähr sie wären. Er sollte nur gehen und rufen. Dann ging er dorthin auf einen Berg und rief, was er konnte: Mai omule ma! (He Mensch he). Er musste mehreremale so rufen , dann wussten die anderen, was er suchte und antworteten von dem anderen Berg: Cei ma sasule ? (Was he Sachs?) — – Hast du nicht ein Paar Ochsen gesehen? — Oh ja he Sachs ! — Wo sind sie, he Freund? — Gehe nach Hause, he Sachs, nimm dir 400 Gulden und lege sie bis morgen früh unter den und den Stein im Graben, oder unter diese und jene Eiche im Tal; gehe dann zurück auf den Berg, wo du jetzt stehst; und frage wieder; dann erfährst du, wo deine Ochsen sind. „Wenn der Sachs dann das Geld hingetragen, gut gezählt, und der „Freund“ es an sich genommen hatte, dann rief dieser vom Berg: He Sachs he ! — Was ist he Freund ? — Geh dort auf Hannbächer oder dort in den Beller Wald; oben im, tiefem Graben findest du deine Ochsen an einem Baum angebunden.

Du kannst dir sie nehmen!

So ging das, Herr, zu jener Zeit“

„Das war freilich eine Sünde, 400 Gulden so leicht zu verdienen“, meine ich.

„Ja, ja, Herr. Und dann, damals war Wein! Bei jedem Sachsen. Und billiger Wein im Wirtshaus. 20 Kreuzer der Eimer (10 l) . Da trank man und im Wein steckt auch er; man beging dann leicht Sünden, mehr als man dachte.“

„Also deshalb hattest du kein Glück beim Schatzgraben? Warst du auch bei den Pferden und Ochsen? „

„Nein, Herr ! Zwar es stahlen damals viele, viele ! Ich aber nicht ! Weiß Gott, wie ich zu meinen Sünden kam. Oft denke ich, diese Weiber — weiß man ? Dem Teufel sind auch viele unter ihnen.“

„Also lassen wir das. Schau, ich muss fort und du musst arbeiten; erzähle also, wie ging es dir bei deinem Schatzgraben ?“

„Gut, Herr ! Ich will dir erzählen; aber nur dir, wegen deinem seligen Großvater, bei dem ich aufgewachsen als Schweinehirt, Rossbube, Fässerwischer — alle Monate musste ich fünfzig Fässer vom Schimmel abwischen , also höre:

„Einmal, es war im zweiten Kukurutz hacken, an einem Dienstag, etwa 10 Uhr Vormittag, da bin ich im Garten deines Großvaters, um nach den Birnen zu sehen. Wie ich da dem Friedhof zu blicke, da ! eine schöne goldene Flamme an der Wegkreuzung , hell und rot, wie lauteres Gold. Sie erhebt sich munter flackernd, schulterhoch und nimmt dann ruckweise ab. Aha ! denke ich, mein Schatz blüht dort. Und da ich oft erzählen gehört, dass ein Schatz dreimal nacheinander aufleuchte, wenn er blühe, so beschloss ich eilends hinzulaufen. Ich spring auf den Zaun, der den Garten rückwärts abschließt, und richtig ! die Flamme stößt wieder auf. Im Abspringen von dem Zaune aber bleibe ich mit dem Leib am Zaunstecken hängen. Mit Mühe mache ich mich frei, springe in den Graben hinter dem Garten und eile durch ihn dem Schatze zu. Aber da verwickelte ich mich in die dort befindlichen Attichstengel und falle so lang ich bin zu Boden. Weißt du, Herr, der Böse wirft einem immer, besonders aber bei Schätzen, die er ja immer bewacht, Hindernisse in den Weg.

Ich raffte mich auf und eilte die gegenüberliegende Grabenwand hinauf. Oben angekommen, sehe ich fünfzig Schritte vor mir die Schatzstelle. Es war jetzt ein kleiner goldener Punkt nur dort. Also hatte der Schatz zum dritten male aufgeleuchtet; denn nach diesem pflegt erst ein einziges Geldstück herausgeworfen zu werden, das dann eine Weile auf der Erde bleibt und dann wieder zu dem Schatz zurückkehrt. Ich eile schnell hin, aber der Dukaten war schon hinabgesunken. Ich befühle die Erde und finde wirklich eine Stelle, die noch warm ist. Also hier drinnen, wer weiß wie tief, lag der Schatz und zwar der Farbe des Blühens nach zu schließen, einer mit Goldmünzen, Dukaten. Hierauf merkte ich mir den nächstem Baum, eine Esche im nahen Weingartenzaune, steckte ein kleines Hölzchen auf die eine, ein anderes auf die andere Seite der Schatzstelle, richte sie beide nach der Eiche und gehe in den Garten zurück voller Freude, einen Schatz zu wissen und die Stelle genau zu kennen.

„Am Abend desselben Tages lief ich gleich nach dem Abendessen mit einem guten Spaten zu meinem Oheim, der ein starker und mutiger Mann war, und erzähle ihm das Geschehene.“

„Höre her, he!“ sagte dieser, „wir gehen ! Allein ! Warum sollen wir das Geld noch mit anderen teilen? Aber Schätze muss man zwischen 11 und 1 Uhr nachts graben und dabei heilig sein, d. h. keine Sünde haben, nichts reden und nicht rauchen. Sonst geht und gräbt man vergebens. Hast du aber Kurasch? (Mut) denn es ist die Geisterzeit und der Böse selbst hütet die Schätze.“

„Fürchte dich nicht,“ erwiderte ich, „sie sollen nur kommen . Ich kenne die Nacht mit all ihren Geheimnissen.“ „Gut, gut ! Die Hauptsache ist, komme was komme, man denkt an den Herrgott und kehrt sich an keine Geister, selbst an ihn nicht.“

„Heit!“ sagte der Oheim, „machen wir uns auf! Noch eines reden wir,“ sprach er im Hof. „Herr hilf ! „ dabei nahm er den Hut ab, faltete die Hände und sah, ob ich auch seinem Beispiel folgte. Ich hatte das aber getan und mit einem „Herr hilf guter Vater im Himmel ! schloss ich unsere letzte Rede.“

„Wir gingen zuerst durch die Hauptgasse an den Häusern hin. Es war ziemlich finster; Sonst aber tiefe Stille rings um. Dann bogen wir in das Gässchen ein, das zwischen den Gärten durch nach jener Stelle führt. Beim „Karline – Loch“ unterhalb des Friedhofs schrie zuerst auf irgendeinem Baum in der Nähe eine Elster. Sie hatte eine besonders raue und laute Stimme. Gleich darauf kam aus dem Bach ein großer, schwarzer Hund mit wütigen Gebell auf uns zu. Wir wehrten ihn mit unserem Spaten ab. Aber nur mit größter Mühe, denn, weil wir dabei nichts reden und rufen durften, ward er immer zorniger und dreister.

„Bis zur Schatzstelle verfolgte er uns und sprang dann, nachdem wir ein paar mal kräftig nach ihm ausgeholt, über den Planken auf den Friedhof.

„Ich zeigte dem besorgt dreischauenden Oheim die Schatzstelle, nachdem ich sie mit der Esche und dem nächsten Stäbchen, das ich vorher hingesteckt, gesucht hatte. Das zweite Stäbchen aber, gerade das wichtigere, fand ich unmöglich. Hatte es der Hund fortgestoßen, hatte er es weggenommen – wer weiß es?

„Also wir nehmen eine Stelle als die richtige an und graben. Wir graben bis 12 Uhr und waren ungefähr einen halben Klafter tief in die Erde gekommen. Jetzt konnte der Schatz nicht mehr tief sein. Wäre, dachte ich, nur auch die zweite Geisterstunde schon vorüber! Es schlug 12 Uhr. Wir arbeiteten fleißig weiter. Bei jedem Spatenstich sah ich mich in der Runde um, ob nichts käme, und dann wieder auf den Oheim. Und es war still und finster, wie in einem Vieh. Wir gruben. Nur auf einmal — es war gegen 1 Uhr — fängt ein fürchterlicher Wind an . Er kam vom Friedhof her. Der Oheim sah mich an und forderte mich mit seinem Blicke auf, ohne Furcht zu bleiben.

„Ich wusste aber vom Erzählen anderer her, dass ein starker Wind beim Schatzgraben nichts Gutes bedeutet. Trotzdem grub ich weiter. Da sehe ich – der Mond trat gerade für einen Augenblick aus den Wolken – zum Friedhof hin und – wer steht dort in der weitgeöffneten Friedhofstür? „ Der Böse selbst, leibhaftig, angekleidet wie der Herr Kaplan! (Prediger)

„Ohne jede Regung stand er dort, sah nach uns hin, und ein Wind blies, so stark, als wollte er uns fortblasen.

„Ich vergaß auf Schatz, Gold, Oheim, Spaten und nahm dem Gäßchen zu Reißaus. Hinter mit hörte ich den Oheim mit schweren Schritten ebenfalls laufen. Lautes Hundegebell! Und ich und der Oheim bekamen mit unseren „Lopaten“ fürchterliche Schläge in den Rücken, bis wir in der Hauptgasse ankamen. Dort erst hörten die Hiebe auf und dort erst getrauten wir uns wieder zu reden.

„Hast du ihn gesehen?“ frug ich den Oheim. „Gesehen nicht, aber gespürt. Wehe ! Mein Rücken ! Hast du was gesehen? – „Na, sahst du ihn nicht? Mitten in der Türe stand er, wie der Herr Kaplan gekleidet.“

„Ich habe nichts gesehen,“ meinte der Oheim, sich den Schweiß von der Stirne wischend, aber auf dem Rücken habe ichs ordentlich gespürt. „Wo ist mein Spaten, meine Schaufel?“

„Auch mein Spaten ist dort geblieben ! Ich stach eben in die Erde, welche so weich zu werden anfing. Der Schatz war gleich gefunden !“

„Auch bei meinem Spaten, fing es an weich zu werden, ich dachte, im nächsten Augenblick hätten wir das Gold. Nur auf einmal !“

„Geht es immer so beim Schatzgraben ?“ frug ich den Oheim. „Immer, wenn er einem nicht bestimmt ist. Dann kommt der Teufel und dann gehr es, wie es uns ergangen ist“

–„Schau, Herr ! so ging es mir bei meinem ersten Schatzgraben. Herr behüt!“

„Und“, frug ich, „was war denn mit euren Werkzeugen geschehen ?“ Suchtet ihr sie am nächsten Morgen wieder?“

„Oh ja Herr ! die ganze Nacht konnte ich kein Auge schließen. Stets stand er vor mir, wie ich ihn in der Friedhofstür gesehen. Ich zog mich ganz dicht an die schlafenden Mitknechte hinan. Am frühen Morgen lief ich hin zur Schatzstelle. Aber kein Spaten, keine Schaufel ! Er hatte sie, glaub ich, sich geholt.“

„Aber der Schatz?“ frug ich, „hat man ihn wieder zu graben versucht?“ „O ja ! Ihrer genug haben nachher dort gegraben. Aber am Tage – und – da findet man nichts. Es gruben der „Moischel“ und andere. Der alte Schmidt machte dann einen guten Spaß. Er stellte sich, als wollte er mit zur Kompanie treten, und klebte ungemerkt einen neuen Silberzwanziger an eine Erdscholle im Loch. „Seht, seht !“ rief er „Der Schatz ist da ! Seht hier habe ich einen Zwanziger gefunden ! Leider muß ich jetzt fort zu einer dringenden Arbeit. Ihr aber, nicht lasst euch! Der Schatz ist da! Grabt und hebt ihn! Gebt mir dann aber auch etwas, denn ich bin zuerst auf die Spur gekommen.“

„Er ging dann mit seinem Zwanziger heim; sie gruben noch lange Zeit, zerwühlten den ganzen Hügel, aber gefunden haben sie nichts – am Tage.

„Ja, ja! Schatzgraben ist keine kleine Sache. Herr behüt eden vor dem Argen.“

„Und warst du auch sonst dabei, Kuliz?“

„Wie nicht! Aber davon ein andermal! Jetzt muß ich nach meiner Arbeit sehen! Über einen Monat ist „Colinderium“ (Kollaudierung) und bis dahin muß ich meine 80 Kubik (Kubikmeter) fertig haben.“

Sprach, versorgte die „Pipa“ (Pfeife) in den Busen und griff nach der „Lopata“ (Schaufel).

Ich ging auch meines Weges – zu meiner Steingrube, darin auch oft der Böse zu hausen scheint – denn auch dort ist nicht leichte Arbeit – und nahm mir vor, weiter nach Schatzgräbergeschichten zu forschen.

Ein andermal suchte ich den Pseudo-Erdgeist Kuliz wieder auf in seiner Schottergrube. Er saß aber jetzt oben auf dem Rand und zerschlug alle allzu großen, für die Straßenbeschotterug nicht geeigneten Steine, in kleine Stücke. Er tut dies oft und tagelang, wobei es auffällt, wie er Kieselsteine, die auf einen Hieb mit dem plumpen eisernen Hammer in kleine Stücke splittern, verächtlich zum Schlegelschotter wirft. Und doch sind ihm diese kleinen, auf den Sprungflächen weiß schimmernden Stücke von großem Werte; mit ihnen deckt er die „Kubike“ in denen sich zu sehr mit der lehmigen Erde behafteter Schotter befindet, damit ihn der „Herr Wegmeister“, sein größter Herr, gelegentlich der „Colindierum“ annehme.

Oft singt er sich unter dieser Schlegelarbeit ein Liedchen, wohl eins „aus alten Zeiten“. Dann ist er auch regelmäßig gut aufgelegt und erzählt, da er durch diese Art der Arbeit nicht behindert wird, in solchen Stunden besonders gerne. Bei meinem Herannahen „salutiert“ (grüßt) er stolz, mit dem rechten Zeigefinger die Krempe des kleinen, langjährigen Filzhutes berührend. Er scheint durch diesen Stolz seines Grußes ausdrücken zu wollen:

Der Grund, auf dem ich Schotter gewinne, ist zwar dein, der Schotter aber ist mein.

„Gutes Wetter, Kuliz !“ rufe ich heiter grüßend.

„Ich danke Ihnen, Herr !“

„Fleißig? Fleißig? Kuliz !“

„Na, ich zerschlage ja diese Geschöpfe des Teufels ! Wo warst du, Herr?“

„Na, schau ich war da oben auf dem anderen Grund, Heu teilen.“

„Du wirst ja gewesen sein, Herr! Gut! Gut! Wirst ja gewesen sein !“

Darauf werfe ich ihm einige Äpfel zwischen die gespreizten Beine, nach denen er, den Hammer fallen lassend, mit beiden Händen hascht und im nächsten Moment in den einen die weißen Zähne senken lässt, das der Saft aufsrizt.

„Ich danke dir, Herr! Danke! O, die Herzigen! Gutes schafft doch unser Herrgott!“

„Ja , Kuliz! Und ich gebe sie dir gerne. Doch nicht umsonst. Iß jetzt und dann erzähle mir von deiner Komäre!“ „ Gern, Herr! Ich soll mir nur die Pipa anzünden!

Aber — —

„Na, da hast du ein wenig Tabak“ sage ich, ihm ein Paket „Bierer“ hinwerfend. „Ich danke dir , Herr!“ Nachdem er dann mit leuchtenden Augen das Paket geöffnet, die Pfeife gestopft, angezündet und einige kräftige Züge getan, setzt er sich in die richtige Erzählerpositur . „Also, noch von einer Komäre soll ich dir erzählen, Herr? Das kann ich. Gleich!

„Hoho! Wir wussten noch einen großen Schatz, oberhalb der Weingärten, dort oben am „Grede-Reg“ . Dorthin gingen wir unserer viere in einer Nacht und gruben. Doch , wie gesagt, wem er nicht bestimmt ist, den vertreibt der Teufel gerade dann, wenn man am Schatz angekommen ist.“
„Wir gruben und gruben. Es fing eben an, hohl und dumpf zu klingen, wie über einem Keller, da erhebt sich ein fürchterlicher Sturm.
„Wir liefen nicht, denn wir waren viere und lauter mutige und starke Leute. Aber mit dem Teufel ist nicht zu spaßen! Plötzlich fühlten wir uns in die Luft gehoben. Wie wenn der Wirbelwind das Blättchen dort in die Luft hebt und es davon trägt.
„Im nächsten Augenblick – wo sind wir? Zwei hatte es bis an die Gemeinde geschleudert, ich – er lacht laut auf – ich und ein anderer, der R – er schläft jetzt, der Arme! – befinden uns auf einmal unten bei den Krautgärten mitten im großen Mühlenteich. Wie gebadete Händel gingen wir nach Hause.

„Und die Werkzeuge ?“ frug ich.

„Weiß der Teufel – Herr behüt! – wo die hingekommen sind. Wir dankten nur Gott, dass wir ins Wasser geworfen worden waren. So ging es uns mit diesem Schatz.“

Während diese Erzählung war ein anderer Schottergewinner, der jüngere, aus seiner Grube hervorgekommen und lachte verständnisvoll zum Malheur des Alten.

„Wovon sprecht ihr da, Herr!“ fragte er. „Na sieh , Adam,“ erwiderte ich . „Einen Schatz habe ich mit diesen meinen Augen blühen gesehen und der Kuliz will nicht graben kommen. Er fürchtet sich:“ „Ich nicht! Ich nicht!“ ruft Kuliz dazwischen. „Ich kenne das! Ich hab’s genug versucht! Jetzt mach ich mir mit dem nichts mehr zu tun. Ich – nicht!“

„Herr!“ meinte Adam, „ich komme; aber du musst mir noch wenigstens zwei feste Burschen mitgeben .“

„Natürlich“ sage ich, „gehen wir nicht allein! Also wann?“

„Morgen, wenn es Tag wird! – Herr!“

„Ja wenn es Tag wird,“ Kuliz lächelt verschmitzt – „in der Nacht, um 11 Uhr gehört es sich.“

„Gut! Auch dann, meinetwegen!“

„Aber es sollen dann noch drei mitkommen und Kurasch haben!“

„Hast du denn schon solches mitgemacht, Adam?“

„Wie nicht! In Großscheuern! O Gott! o Gott!”

“Wie war es denn?”

„Na, wir hatten eine Komäre blühen gesehen, dort bei der Schweinehutweide, ich und der R. von Großscheuern, ein Zigeuner.

„Ihrer vier gingen wir die nächste Nacht hin, um 11 Uhr fingen zwei an zu graben. Wir anderen lagen dabei auf dem Bauch um aufzupassen. Es war nicht sehr dunkel. Wie die zwei eine Zeit lang gegraben, nur auf einmal in der Furche rechts von uns, an ihrem Ende, kommt etwas. Zuerst war’s ganz klein. Je näher es aber kam, desto größer ward es, so groß wie der Feldhüter.

„Als es näher kam, war es ein Reiter zu Pferde mit dem Säbel in der Hand, auf dem Kopfe ein Tschako mit Federn; es wurde auf einmal stockfinster und ein Wind kam von ihm her – der ward im nächsten Augenblick fürchterlich stark . .

„Sogleich waren wir alle auf den Beinen und zugleich durch die Gärten in der Gemeinde, den Rücken voller Schläge. Das hab ich, wie ich hier stehe, erlebt.“

„Und der Schatz?“ frug ich.

„Den hat dann der Scheuerner Zigeuner gefunden. Ich, ich wollte nicht mehr mit, weder die anderen. Dieser aber fasste sich Kurasch (Mut) und ging allein. Er bekam den Schatz auch, einen großen, großen. Aber wie ging es ihm dabei! Höre nur!“

Kuliz blinzelt verächtlich und neidisch zugleich auf den Erzähler hin und gräbt dann weiter.

„Wie er an den Schatz gelangt – wer steht einige Schritte vor ihm auf dem Nachbar-Acker? Der Teufel selbst.

„Steh still! Sagt da der Zigeuner zu ihm, ich gebe dir auch davon!

„Der Teufel steht, immer auf den anderen schauend, still.

„Der Zigeuner nimmt den ganzen Schatz samt dem Topf, darin er sich befand, geht mit ihm fort und wirft dem Teufel einen einzigen Kreuzer hin.

„Der Teufel schweigt. Der Zigeuner geht nach Haus.

„In den nächsten Jahren baut er sich Gebäude wie ein Sachs: Haus mit Keller, Stallungen, Scheunen , kauft sich Vieh.

„Aber was war’s? Der Teufel rächte sich für die Überlistung. Wenn der Zigeuner mit seinen Leuten auf dem Felde war in der Arbeit, kam der Teufel ins Haus, setzte sich hinter den Tisch, schnitt sich Brot und drehte dann alles im Hause um, das Unterste zum oberst. Wahrscheinlich suchte er sein Teil.

„War der Zigeuner allein im Zimmer, so kam er immer wieder und ging im Zimmer vor des Zigeuners Augen, wie der Herr Kaplan angetan (gekleidet), auf und ab. Er wollte ihm zeigen, dass er noch lebe.

„Am Ende – was ward aus der Zigeunerwirtschaft? Nichts erklaubte sich aus allem und er starb wie er anfangs gewesen war.

So war es mit diesem Schatze, Herr!

Am Morgen oder am Tage, wie gesagt, komme ich, aber in der Nacht – „

„Ich komme auch mit,“ warf der eben dazugekommene Direktor des Brukentahl´schen archäologischen Museums , Herr v. K., ein; „lasst ihn nur kommen, ich alleine verjage ihn!“

Der Adam sah den Herrn aus der Stadt mit langem, lächelnden Blicke an und schwieg, sich etwas an seiner Schaufel zu tun machend. Ein Blick und die Miene schien sagen zu wollen: Was verstehst du von solch wichtigen Dingen, städtischer Mann ohne Erfahrung in der Nacht!.
Doch bis heute sind wir mit Adam und den festen Burschen zu dieser Komäre nicht gegangen. Herr Direktor v. K. las einige der in der Schottergruppe zahlreich sich vorfindenden Urnenstücke zusammen, maß sich einige der in den Wänden sich zeigenden alten Korngruben aus, skizzierte sie in seinem Notizbuch und begleitete mich dann unter lehrreichem Gespräch über die Tonstücke aus slawischer und römischer Zeit, über das in der Nähe gefundene Kistengrab zu dem in der Talverlängerung liegenden Pfarrgrund, der reiche Reste einer Siedlung aus der Pfahlbauten-Zeit, Scherben, gebrannte Erdstücke . . . birgt. Unterwegs holte uns der Einspänner eines meiner Hälftler, Gavu, ein, der mit seiner Frau, Floare, auf den Grund fuhr.

„Guten Tag, Herr!“ riefen beide. „Wohin des Weges ?“ „Na“ sagte ich ernst, „wir gehen hier hinauf zu einer Komäre.“

Die bloße Erwähnung einer solchen wirkt auf alle Dorfsleute elektrisierend und da sie wohl wissen, wie schwer die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, belustigend zugleich.

„Wo ist sie denn, Herr!“ fragte die redselige geweckte und stets neugierige Floare.

„Nur hier oben,“ antwortete ich gelassen und bestimmt. Herzliches Lachen des Ehepaares. „Ja“ sagt die Floare, „ auf der Weiß hättet ihr damals sein sollen, wie ich dort die Komäre richtig gefunden hatte.“

„Machen Sie sie erzählen!“ flüsterte der Direktor. „Das ist ja höchst interessant, was man hier erfährt, und schreiben Sie uns das einmal nieder.

„Hör her Floare!“ knüpfe ich an; “sonst kenne ich dich als eine Frau, die stets die Wahrheit sagt, aber jezt – willst du uns, wie ich merke, etwas – „

„So wahr ich lebe, Herr! Es war so.“

„Na, wie war es? laß hören, aber die Wahrheit!“

„Die volle Wahrheit, Herr! Schau! Wir waren an einem Tag auf der Weiß im Heu. Auf einmal sehe ich auf einem Acker eine große Komäre blühen. Ich merke mir die Stelle gut, ganz gut, rief einige Mundränger herbei mit Spaten und Hauen (Hacken). Und wir gruben. Bald kamen wir auch richtig auf die Komäre . Es war wie ein Legel (Fässchen) so groß und auch wie aus Holz. Immer ich traf sie an, aber wie ich sie antraf, ging mir der Atem und die Kraft aus, sodaß ich die Anderen weitergraben lassen musste. Kaum aber taten diese die Spaten hin, so machte es, bum, bum, bum! Und – die Schaufel samt dem Schatz senkte sich in die Tiefe. Wenn ich dann selbst grub, traf ich sie gleich wieder an. Aber der Atem und die Kraft gingen mir immer wieder aus. Kamen die anderen an meine Stelle, so – bum, bum, bum!. Und der Schatz war wieder in der Tiefe.

Wir konnten ihn, trotzdem wir ihn gefunden und sahen, wie ich dich, Herr, sehe, nicht gewinnen. War es, weil wir am Tage gruben, hatten wir gesprochen, waren wir sündig oder war er nicht uns bestimmt? Genug, der Schatz samt dem Getöse blieb dort. So ging es mir, einen Schatz hebt man gar schwer, selbst wenn man ihn findet.“

„Floare!“ sagte ich im warnenden Tone.

„Ich sage: Bei Gott Herr! So war es.“

Lächelnd über die Erzählung und die lebhafte Phantasie der Erzählerin trennten wir uns und gingen ins alte Pfahlbauten-Dorf auf der Pfarrwiese im Hom (feuchter Boden und Grund, was dieser Hom, besonders der Scheuerner, auch heute noch ist).

Es werden noch recht viele Schatzgeschichten erzählt und das Interessante ist dabei, das ihr Ende sich stets mit dem Lachen der Zuhörer verbindet.

Oft machen die Eigentümer des aufgewühlten Grundes einen Ulk mit den Gräbern, um diese vom Grund abzuschrecken.

So hatten die Schatzsucher einem Manne den Grund unter dem Rabenkoppen stark zerwühlt. Trotz seines Verbotes gruben sie aber immer wieder.

Wartet! ich werde euch schon zeigen! Denkt sich jener, als er hört, dass sie wieder graben gegangen. Er nimmt ein Rädchen von der Pflugkarre, umwindet es mit Roggenstroh und geht oben hinauf auf den Rücken des steilen Rabenkoppens. Die Gräber kommen richtig, ganz still, und ganz still machen sie sich an die Arbeit.

Wie sie nun eine gute Weile gegraben und die Zeit der Angst, die zwölfte Stunde herannaht, zündet der auf dem Grate das Stroh an und jagt das Rad den Hang hinunter, straks auf die Schatzgräber. Diese wie von der Tarantel gestochen, eilen davon, zum Teil die Werkzeuge in der Grube lassend und angstvoll schreiend. Der Drachen! Der Drachen! Der Teufel, he! Mann kann sich die Eile der Laufenden vorstellen und auch die Freude des Ulkmachers oben.

Sein Grund hatte nun Ruhe und er noch ein paar gute Grabwerkzeuge gefunden.

Eine andere Partie von Schatzgräbern probierte ihr Glück am „weiße Reg“ unterhalb der Gemeinde, wo man es blühen gesehen hatte. „Wir gruben von 11-12 Uhr. Wie es aber auf der Burg 12 Uhr schlug, da kam eine große Ochsenherde auf uns. Die Benetzäner (Banater Ochsenhändler) trieben sie mit ihren langen, fürchterlich knallenden Peitschen in ihren weiten Gatjen (Hosen-Unterhosen). Ho, ho, ho! Na moi na! – Ho, ho !

Wie – wie kommen Benetzäner her ? Der Teufel ist’s, ha! Und – davon! Ohne „Paddel“ (Spaten) und Schaufel – nach Hause!

Mein seliger Vater war auch ein fleißiger Schatzsucher; aber er wollte zuerst das „böse Gras“ finden, mit dem man alle Schlösser aufsperren und den Schatz des Attila finden könnte. Er hatte bei ihren öfteren Nachtfahrten gar vieles erlebt: Das Irrlicht gesehen, den Prikulitsch und den Teufel, der aber, wie sich naher herausstellte, ein für den Schatzgräber harmloser Fuchstopf gewesen war. Auch mit den Kornkröten eines Hexenmeisters hatte er Arbeit gehabt.

Der Abwechselung halber seien auch diese Erlebnisse erwähnt.

„Ich hatte viel gehört von dem großen Schatz des Attila, der Gottesgeißel, und daß man denselben sicher finde, wenn man das so schwer zu erreichende „böse Gras“ sich verschaffe.

Jahrelang durchstreiften wir mit dem Bruder oder dem Schwager Werner die Felder und suchten das „böse Gras“, denn nur beim Sonnenaufgang ist es zu finden, besonders auf dem „Konnertstück“. Man muß sich dann auf den Bauch legen und über die betauten Wiesen sehen. Das „böse Gras“ hat einen rötlichen Tropfen, während die anderen Gräser weiß oder gelb funkeln. Man sieht das ganz deutlich, wiewohl das böse Gras selten vorkommt. Es ist das auf der anderen Seite auch ein Glück für uns Bauern. Wenn das Vieh das böse Gras frisst, schwillt es gleich auf und geht an innerer Glut zugrunde, es zerspringt.

„Wer aber das böse Gras erhaschen kann, der macht sich eine Wunde am Finger, legt in die Wunde das Gras und lässt sie zuheilen; dann kann er durch bloßes Anrühren mit diesem Finger alle Schlösser, besonders die der zu Soldaten gebundenen Knechte, sprengen und den Schatz des Attila finden –

„Oft sah ich das böse Gras mit seinem schönen, rosigroten Gefunkel. Kam ich aber an die Stelle, so schimmerten alle Gräser des Platzes in der gleichen Farbe. Hunderte mahl habe ich das gesehen, aber das böse Gras habe ich nicht bekommen können — —

„Wie ich einst in einer sehr mondhellen Nacht in den Birnbäumen stehe – sehe ich da! Der vor mir stehende alte Birnenbaum, an dem viel Putregai (ganz entstocktes, weiß aussehendes altes Holz) war, steht wie in Flammen. Ich stehe wie angewurzelt. Da löst sich von dem Baume eine schöne strohgelbe Flamme, fängt an zu gehen – der Baum war jetzt wieder wie früher — , geht durch den „Hillenbusch“ (Hutweide voll Dornhecken ) über das „Schieners Reg“, den „Reußel“ die „Sonnseite“, das „Reußner Ewend“; über die Weiß, auf den Marktschelkener Hedel und verschwindet hinter dessen Rücken. Das war ja ein Irrlicht, dachte ich, als ich mich von meinem Staunen erholt hatte. Ich ging zum Baum, befühlte ihn, er war, als hätte er nie gebrannt. Na, so sag ich nichts mehr! Dachte ich. Aber die ganze Nacht tat ich kein Auge zu.

„Einmal kam ich in der Nacht auf dem Weg bei der „Leimkell“ (Lehm Grube) ((Loimkiell)) herauf. Wie ich vor einem solchen Loche bin, überschlägt sich etwas aus demselben (es war ganz schwarz und dick und wie ein Wolf so groß) auf den Weg und sich fort überschlagend, purzelte es in den Graben. Ich faltete die Hände und betete das Vaterunser. Das half! Es war der Prikulitsch (Wehrwolf) gewesen.

„Noch einmal sah ich ihn in der Gemeinde wieder gegen Mitternacht. Ich kam eben aus der Gasse von deiner Mutter. Aus einem Hofe kam er heraus und ging über die Straße, nur einige Schritte vor mir, und rollte immer zwei große dunkle Augen. Man sagte es wäre der galizische Jude, der sich bei uns ein Gewölbe (Geisterei) gemacht hatte. Hat er mich erkannt und gewusst, das ich stark war, hat er auf einen anderen gewartet oder anderes vorgehabt, wer weiß es? Gesehen habe ich ihn auch da, den Prikulitsch, und sonst auch viele Andere, wie er sich in der Gemeinde zur Nachtzeit mit den Dorfshunden biß. Man sagte , deshalb sei das Gesicht des Juden ganz zerkratzt gewesen, nicht von der Frau. Einmal trafen ihn die Gendarmen und stachen auf ihn, dass Blut kam. Da ward er gleich wieder Mensch und sagte: Ich danke euch, dass ihr mir das getan! Jetzt bin ich erlöst!

„Mit den Kornkröten, die im Dienste der Heren und Heremeister stehen, hatte ich auch zu tun, erzählte der Vater. Meine Szekler aus Petka bei Kereßtur hatten gerade gedroschen und das geworfelte Korn lag über Nacht als Haufen auf der Tenne. Schon früher hatte ich eines Morgens gemerkt, dass mein Korn weniger geworden, trotzdem die Drescher daneben geschlafen hatten. Diese waren aber treu. Jetzt fehlte wieder eines Morgens von meinem Haufen. Uha! dachte ich, warte! Ich wird euch schon geben!

„Ich wachte die nächste ganze Nacht vorm Scheunentor. Richtig! Wie es tagt, scheppeln (tollern) eine Menge dicker, nackter und Schwanzloser Kornkröten, von der Scheune kommend, über den Hof, voller Korn. Ich nehme die „Ladegaffel“ (kurzstielige, eiserne Gabel) und hefte mit derselben eine Kröte an die Erde, das sie nicht weiter kann.

„Meine Leute wuschen gerade beim Backofen,. Was hast du Misch? Fragte die Mutter. Laßt sie nur sein, sagte ich. Er kommt gleich, dem sie gehört! Die Kröte lag da und sah mich mit ihren garstigen Augen besorgt und wie verzweifelt an. Nach einer kurzen Zeit kam der Mann, von dem man es wusste, dass sein Kornkästen sich nicht von seinen wenigen Ländern füllen, und doch immer voll blieben.“

„Guten Morgen Gevatter!“ Sagt er und schaut überall hin mit seinen grauen Augen unter den buschigen Augenbrauen.

„Morgen Gevatter! Was sucht ihr bei uns?“

Unsere Leute passten auf alles auf.

„Na“ sagte er. „Ich wollte was fragen, aber – jetzt — Gott erhalte euch, ich muß gehen:“ Und ging mit besorgter Miene hinaus.

Ich ging zu meiner Ladegaffel, drückte sie noch fester in die Erde, weil die Kröte gewaltig zappelte.

Es verging nicht eine halbe Stunde, so war mein Mann wieder da, die Augen nun fest auf die Kröte gerichtet.
„Gevatter!“ rief er heimlich, mich zur Seite nehmend. Was ihr heute gesehen habt, werdet ihr nicht mehr sehen. Nehmt die Gabel fort!“

„Warum denn?“ frage ich:

Ihr sollt von heute an Ruhe haben, Gevatter. Schweigt und nehmt die Gabel fort!“

„Es ist gut!“ sagte ich. „Für diesmal mag es sein! Aber merkt es euch: Nur für diesmal!“

„Er ging und ich nahm die Gabel fort. Sogleich hüpfte, die Kröte, wie wenn sie wegen der Verspätung Prügel fürchte, dem Hause des anderen zu.“

/////Die Kröten sind von der Größe einer Ratte, fast unbehaarten plumpen Körpers und haben auffallend große Augen. Wenn sie in der Nacht Korn stehlen, klingt es als wenn Ferkel ins Korn bissen. Wer eine Kröte tötet, den „macht“ ihr Meister, dass er “affig“ (verrückt) wird. Der Weißbäcker kauft solches, von Kröten gesammeltes Korn nicht. Es ist ganz weiß und gibt schlechtes Mehl. Aber nicht jeder Weißbäcker kennt dies „Goschen Korn“, nur die Gescheiten. Die Kröten werden von ihren Herrn im Keller gehalten und täglich gefüttert.///////

„Wer weiß, wie es mir gegangen wäre, wenn das bei Nacht geschehen wäre. Denn der Mensch war noch stärker wie ich und ein gefürchteter Schläger. Doch Korn hatte er immer, trotzdem er nicht fleißig war und wenig Grund besaß. Es hat sich dennoch nichts aus ihm erklaubt (geworden, erreicht).“

— Nun noch eine Schatzgräbergeschichte, eine der interessantesten, die ich gehört.

„Fürchten sie sich nicht da unten, Freund T.,“ rief ich einem Verwandten und Jugendkameraden zu, der als Presbyter in der Kirche half, die alten Pfarrgruben um den Altar nach Grabsteinen, Inschriften u. a. zu untersuchen.

„Ich?“ rief dieser. „Ich fürchte mich nicht! Ich bin in anderen Gruben gestanden, zu anderer Zeit – um Mitternacht!“

Die anderen Presbyter wussten um die angedeutete Sache, blinzelten und lächelten sich zu. Einer bemerkten neckend:

„Kommt ihr wieder mit euren Lügen? Wir sind ja hier in der Kirche! Hier hören die Lügen auf! Oder was seid ihr für ein Christ?“

„Ich lüge wahrlich nicht, das erzähle ich überall, auch in der Kirche, ja ich beeide es, wenn ihr und wo ihr es wollt.

„Erzählt! Erzählt!“ rief gleich ein anderer Presbyter.

Ich war neugierig, ahnte eine gute Bereicherung meiner Sammlung und bat auch er möge erzählen. Um so mehr tat ich dies, weil der Mann, wie so manche vom Lande, im Reden und Erzählen gar anschaulich zu malen versteht.

„Ja, Ihnen zu liebe, Herr, will ich es erzählen. Wer dumm ist und lacht, soll lachen.

Ich weiß, was ich weiß; denn ich habe es selbst erlebt.

„Es war, wie ich jungverheiratet war. Da hatten einige Romänen es im großen „Farelsten“ blühen sehen: Der Csercsel und noch andere. Es war die Stelle leicht zu merken, denn es stand ein großer Dornstrauch darüber. Sie gehen in einer Nacht hin und graben. Da kommt eine schöne Kalesche (Kutsche) gefahren und fährt vorbei. Was macht eine Kalesche hier? denken sie und graben weiter. Dann kommt ein Mann auf einem lahmen Esel geritten und fragt sie, ob sie nicht eine Kalesche gesehen? O ja! Reite nur dorthin, sie ist dazu gefahren, antworteten die Grabenden. Da kam es über sie mit Schlägen und versprengte sie in alle Richtungen. Was über sie kommt, was nicht, allein sie wurden fürchterlich versprengt. Zwei liefen gegen die „Letjew“ in den Wald, zwei eilten dem Dorfe zu. Wie sie auf der Krummau-Brücke vor der Gemeinde sind, begegnet ihnen einer in soldatischen Kleidern und verlangt ihnen Feuer. Sie gaben ihm, aber gleich darauf bekommen sie in den Rücken mit „Lopaten“ (hölzerne oder eiserne Schaufel), und fort mit Lopaten in den Rücken bis nach Hause.

„Was sollen sie tun? denken sie. Den Platz wissen wir genau und es muß ein großer Schatz sein, dem Blühen und der großen Flamme zu schließen.

„Heit! Wir gehen nach Ucsa bei Fogarasch zum romänischen Wahrsager. Der kann sagen was dort vergraben ist.

„Sie gehen hin und erzählen diesem ihre Geschichte.

„Ihr guten Leute! Sagt der Ucsaer. Es ist dort ein großer, großer Schatz. Wenn man den hätte, dann brauchte ganz Siebenbürgen keinen Kaiser. Der Schatz alleine könnte das Land erhalten, solange es besteht. Aber ihr könnt den Schatz nicht heben. Außer ihr bekommt noch einen Fünften zu euch. Dieser muß aber an einem Sonntag geboren sein, einen weißblonden Schnurrbart haben und allein graben. Ihr müsst euch von der Grube fernhalten.

„In der ganzen Gemeinde hatte ich den hellsten Schnurrbart und bin auch wirklich an einem Sonntag geboren. Das hatten die Leute auch erfahren.

„Eines Abends kommen sie zu mir. Herr! Komme heute Nacht mit uns.

„Was? Sagte ich. Heute Nacht? In der Nacht schlafe ich. Geht zum Teufel!

„Herr! Tu uns den Gefallen. Schau so und so ist die Geschicht, komme, es wird unser aller Glück sein!

„Endlich lasse ich mich bereden und gehe, verspreche auch, selbst zu graben, wenn sie ferne bleiben, aber nicht ganz weggehen. Na gut!, wir gehen. Sie hatten vorher, zum ersten mal, schon ziemlich tief gegraben . Ich springe in die Grube und arbeite fest mit dem Spaddel.

„Ich dachte ja auch. Wenn – man weiß ja nicht!

„Nur auf einmal kommen die Husaren im großen Farelsten herunter wie ein ganzes Regiment, mit einem Gezingel und Geklingel . . . . .

„Schau nur, schau, denke ich. Was machen um diese Zeit – es war heller Mondschein – die Husaren hier? He, das ist ja nicht rein! Ich sehe nach den anderen, richtig! Sie sind an die Grube gekommen und sehen mir zu. Die Husaren auf und ab um uns her, die Sättel glitzerten, die Pferde schnaubten.

„Na geht ihr fort von hier! Winkte ich den anderen zu; schaut ihr nicht was ihr verursacht? Laßt mich allein!

„Sie dachten wahrscheinlich, ich würde den Schatz verstecken und für mich alleine behalten. Wie sie fort waren, verschwanden auch meine Husaren über den Berg hinüber.

„Ich grabe nun fleißiger weiter, bis zu den Achselhöhlen stand ich schon in der Erde. Eine halbe Stunde ungefähr.

„Nur, auf einmal! Eine große Büffelherde! Supp! Supp! Über den Hügel im Farelsten hinunter! Da! Oa! Brüllen sie um mich her.

„Schau nur schau! Denke ich, wie kommt jetzt die Büffelherde schon heraus? Oho, wie ich mich umsehe, stehen die anderen wieder am Grubenrand.

„O, dass euch der –! geht doch fort! Ihr seht ja, was durch euch geschieht! – mache ich ihnen mit Gesicht und Händen.

„Sie gingen und die Büffel verschwanden auch samt ihrem unheimlichen Getrampel und Gebrüll.

„Als ich weiter arbeitete, ich war schon bis an den Hals im Loche, kam ein kleiner Pumi, kneckschwarz, an den Grubenrand und bellte immer auf mich zu. – Er hatte so lange – Der Erzähler wies seinen Zeigefinger – schneeweiße Zähne und eine blutrote Zunge. Anfangs beachtete ich den kleinen Hund ebenso wenig wie sein Gebell, denn wir hören und sehen ja bellende Hunde genug.

„Als aber das Bellen immer heftiger und lauter wurde, sah ich mich nach meinen Leuten um. Wieder waren sie zur Grube gekommen.

„Sie mißtrauten mir offenbar und waren wahrscheinlich auch nicht rein. Denn beim Schatzgraben muß man das sein.

„Ja wenn ihr mich immer stört, hol der Teufel alle Schätze! Rief ich, nahm den Spaten und wir kehrten unverrichteter Dinge heim.

„Ich bin auch nicht wieder mitgegangen. Aber der X. der sich seit einiger Zeit so viel Grund gekauft, so viel Vieh besitzt, der würde ihnen von diesen Schatze mehr erzählen können. Aber – erst sagt er eben nichts.“

„Ein Traum!“ riefen die anderen.

„Redet und denkt, was ihr wollt“, rief T. verächtlich „ich weiß, was ich gesehen und erlebt. Euer Lachen hilft euch nichts.“

Ein besonderes interessantes Kapitel im ländlichen Volksleben sind die Ansichten, man kann getrost sagen, die festen, von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzten Glaubensformen über unheimliche Mächte und Geister sowie über geheime Kräfte oder Künste, über die gewisse Menschen, besonders Frauen, verfügen. Die üppige Phantasie der ländlichen Bevölkerung, die wie ein sich stets fortspinnender Faden romantischer Dichtung wirkt und webt, trägt das ihre dazu bei, dass der Nimbus des Ungewöhnlichen, Unheimlichen, Geisterhaften in ganzer Helle erhalten bleibt. Der besondere Herd dieser Romantik ist die Rockenstube der Frauen, in der nicht nur prosaische Hanffäden, sondern auch der schöne Faden alter Volksdichtung mit besonderer Vorliebe und wahrer dichterischer Hingebung gesponnen wird.

Ich will hier nur einiges aus dem alten, reich quellenden Brunnen dieser Art Volkspoesie schöpfen.

Zunächst die wunderbaren Heilungen durch „Reden“ oder „Reden-Lassen“

So die Heilung der „Trockenen Sonne“ (drech Sånn), der „Wärre“ am Augenlied (Wårr), der „Gelbsucht“, des „Beschwernisses“ auf der Brust oder des „Gebreichs“, der Gicht, der „Bösen Blatter“ (buis blêdder), des „Fiebers“ (der fruir), der Vorstellungen vom „bösen Geist“ (bois Goist) und einiger „Vortel“.

Die Kunst des „Redens“ darf ihre Inhaberin aber, was seltener ist, ihr Inhaber, niemandem mitteilen, sonst „verliert“ er sie. Erst wenn diese „Meister“ und „Meisterinnen“ alt sind und nichts mehr können, teilen sie ihr Wissen anderen mit. Doch nur dann wird die übertragene Kunst auch bei diesen wirksam, wenn die Frau sie einem Manne, der Mann sie einer Frau überliefert.

Die trockene Sonne, heftiges Weh und Stechen im „ganzen Kopf“, besonders heftig, wenn die Sonne aufgeht oder „herauskommt“, kann kein Doktor heilen. Nur (ines kann da helfen: Man geht früh morgens, ehe die Sonne aufgeht, an ein fließendes Wasser, das ja im Dorfbach stets vorhanden ist, redet sowohl bis zum Wasser, als von diesem bis nach Hause mit niemand, grüßt niemand, dankt niemandem, bückt sich zum Wasser, schöpft mit der Hand „bergein (berjän) – wie das Wasser fließt – ja nicht gegen den Wasserlauf, benetzt damit das Haupt, macht auf der Stirne das Kreuz und sagt: „So wie dies Wasser fließt, soll auch die trockene Sonne aus meinem Haupte herauskommen – im Namen Gottes, des Sohnes und des „werten“ heiligen Geistes!“ Dies dreimal vor Sonnenaufgang machen und die „trockene Sonne“ vergeht.

Die „Werre“ am Augenlied ist noch leichter zu vertreiben. Man nimmt eine Werre, „die im Frühjahr aus der Erde herauskommt“, drückt so lange auf deren Kopf, bis sie verreckt und sagt dabei fort: „Im Namen Gottes, des Sohnes und des werten heiligen Geistes“.

Dann legt man dieselben Finger auf die Augen-Werre und sagt, fort auf der Augen-Werre das Kreuz drückend: Werr! Werr! Ich will dich zerdrücken, bis morgen sollst du ersticken (Warr! Warr! Ech well dich zerdräcken bäs mårren saulst t erstäcken) im Namen Gottes usw.

Drei Morgen machen, aber bevor man es zum dritten mal machen soll, ist die Werre schon vergangen (geheilt) „ mehr wär si wie grimmig“:

Die Gelbsucht ist mit „Reden“ auch leicht und sicher zu vertreiben. Man nimmt bloß ein „Schermesser“ (Rasiermesser), legt es auf die Stirn des Kranken und „knerrt“ einmal mit dem Finger darauf; dann kommt ein schwacher Blutstropfen zum Vorschein und wenn man die richtigen Worte reden kann, vergeht sie. Oder: Man „macht“ mit einem Dukaten in einem Liter Wein, trinkt dann den Wein, der aber sehr schlecht schmeckt, und die Gelbsucht vergeht.

Das Beschwernis oder Gebreich, Atemnot in der Brust, tritt besonders bei kleinen Kindern auf, wenn sie hart gefallen sind. Es „rasselt“ ihnen dann so auf der Brust, dass sie ersticken, wenn man nicht dagegen „redet“. Dies geschieht in der Weise, dass man zum kranken Kind geht, sich die vier Finger der Hand, ohne Daumen, an den Spitzen mit Butter einschmiert, die Hand dann in die Herzgrube (Haurzkiëll) legt und unter fortwährender Bewegung der Hand „im Kreuz“ die Worte sagt: Es gingen drei Männer an einem Reg (Berg), und hatten miteinander ein Gespräch – heb dich Leber von der Lunge, so wie die Sonne vom Mond — , im Namen Gottes, des Sohnes und des werten heiligen Geistes; neunmal täglich, d. h. neun aufeinander folgende Tage, morgens, gehen und machen und – das Gebrech hört auf.

Die böse Blatter (bois blådder) hat 99 Arten. Sie besteht hauptsächlich im heftigen Kopf- oder Ohrenstechen, aber auch in heftigen Schmerzen an anderen Körperteilen. Der Arzt kann sie nicht heilen, es sei denn einer, der das versteht. „Der Doktor?“ sagte achselzuckend eine Bäuerin, – wir lassen uns von einer Frau, die das versteht, reden und dann hört die böse Blatter auf, wie wenn man sie fortgeblasen hätte.“ Die geredeten Worte sind diese:Böse Blatter! Grimmige Blatter! Blatter von 99 Art! Du sollst gehen, du sollst vergehen, damit der R. R. (Taufnamen des zu heilenden) rein bleibt, wie das gesiebte Silber, wie das reine Gold. Hierauf macht man über die wehen Stellen das Kreuz und sagt; im Namen Gottes usw.

Romänisches Beten ist wirksamer. Die Beterin oder der Beter gegen die „böse Blatter“ stellt sich vor den Kranken und betet entweder sächsisch, oder romänisch. In der Hand hat sie oder er einen kleinen Besen oder ein mit einem Tuch umwickeltes Messer oder ebensolche Gabel, mit dem sie fortwährend vor den Augen des Kranken das Kreuz machen. Bei jedem dritten Wort gähnt die Beterin auffällig, als währe sie sehr schläfrig, schnarcht dabei und wirft den Kopf zurück, wie einer, der mit dem Schlafe kämpft. Während der ganzen Prozedur wird in der Richtung der Schmerzstelle häufig gespuckt.

Die Romänerinnen, besser gesagt die Zigeunerinnen, denn sie verstehen es besonders gut, reden fort von roten Gegenständen und gewöhnlich so: Wir fahren in den roten Wald mit roten Ochsen, auf rotem Wagen nach rotem Holz usw., spuken, gähnen , machen dabei stets das Kreuz vor den Augen des Kranken, bis dieser einschläft. Die heilige Dreifaltigkeit wird stets erwähnt. Endlich fällt der Kranke in einen tiefen Schlaf, aus dem er – gesund erwacht. Also eine Art Hypnose mit Suggestion.

Die Vorspiegelung der roten Farben beschleunigt die Hypnose, da diese Farbe auf das Auge ermüdend wirkt.

Ein Witzbold, der „scheele Thal“, der beim Sprechen noch stärker schrie als sein Sohn Merten, sagte einst seiner Magd Mârie : Du Mârie! du sollst gegen die böse Blatter reden!

„Herr ich kann ja nicht! antwortete die Magd.

„Wart, ich lehre es dich gleich: Du stellst dich mit dem Besen vor den Kranken, machst fort das Kreuz und murmelst in einem fort: Mărie braucht ein Röckel, Mărie braucht Schuhe, Mărie braucht ein Hemd, Mărie braucht eine Kretinze uff. Und stellst dich immer, als ob du mit dem Schlafe kämpfest; ich werde unter den Leuten aussprengen, wie gut du reden könntest gegen die böse Blatter.“

Bald konnte in der Gemeinde niemand dieses Übel so heilen, wie die Mârie des scheelen Thal mit ihren Röcken, Schuhen, Kretinzen usw.

Da bekam der scheele Thal selbs eine sehr heftige Kopfmarter oder die böse Blatter und rief die Mărie, Herr, sagt Mărie, du weißt ja, dass ich nichts weiß, und mich bloß verstelle. Alles eins, rief Thal, rede was du weißt. Und – die Magd „sang“ ihm auch, wie er sie gelehrt. Er schlief ein, und als er aufwachte, fehlte ihm nichts mehr. Die Mârie verstand es halt. Mann kann auch von aus der Ferne Beten, z. B. im Hause der Künstlerin. Man muß ihr nur ein Lohn mitnehmen und ein bis zwei Zwetschken, in welche sie dann „ hinein betet“. Diese so behandelten Zwetschken muß der Kranke essen und wird gesund, aber – nicht immer!

Ähnlich geht es bei Heilung der Gicht. Eine Herrenfrau wurde hier gleich geheilt, die alle Ärzte nicht hatten kurieren können. Und bloß durch das alterprobte Mittel. Eine in Künsten kundige Frau ging jeden Morgen und Abend zu der Kranken und schmierte sie „am ganzen Leib so ein, wie man sie bisher noch nie eingeschmiert hatte“, nämlich mit „Schwarzwurzel“. Diese gräbt man aus, tut sie in Asche und auf die Asche Kohlen. Dann dünstet sie „so gut“. Nun brät man recht altes Schmeer in einem Pfännchen. Wenn es halb gebraten, nimmt man die Wurzel aus der Asche, klopft sie ein wenig und tut sie auch in das Schmeer. Dann wird dies alles wie eine Salbe. Hierauf schmiert man des Kranken sämtliche Glieder mit dieser Salbe ein, und – dann heilt die Gicht so, „wie wenn man sie mit der Hand weggenommen hätte“. Die vielen „Gichtischen“ mögen sich das genau merken!

Das böse Fieber (de fruir), das den Menschen so sehr hernimmt, oft unheilbar ist, kann auf einfache Art beseitigt werden, wenn man es versteht. Und das Verstehen besteht in folgendem: Man nimmt um drei Kreuzer „Pali“ (Branntwein) und gießt diesen in ein Fläschchen. Dann macht man drei „Pipesken“ (Häuflein): Eines aus Asche, eines aus Salz, und eines aus Pfeffer. Darauf wird das Fläschchen zwischen die Häuflein gestellt. Hierauf nimmt man mit einer Messerspitze von jedem Häuflein der Reihe nach, stellt den Finger der linken Hand vor den Hals des Fläschchens und schüttet über diesen von der Messerspitze in das Fläschchen abwechselnd von den drei Häuflein. Bei jedem Hineinschütten zählt man von 9 nach rückwärts; 8 7 6 …..1 und — nicht einmal eins (uint und – net emél uint). Bevor man rückwärts zu zählen anfängt, sagt man; im Namen Gottes des Sohnes und des werten heiligen Geistes. Auf diese Art hört das Fieber „ganz bestimmt auf“. Man muß aber „etwas geben“; wenigstens 5 Kreuzer, sonst — hilft es nicht. Wer es nicht glaubt, lasse sich, wenn er die Fruir hat, unsere Gewährsfrau kommen und er wird es sehen. Aber – man muß etwas geben!

Eine besondere Heilung ist die des M a u l w u r f s , des „mēltērhēfs“ , das ist die Brustgeschwulst der jungen Mütter. Sie besteht in folgendem: Man fängt einen wirklichen Maulwurf, dann, wenn er „stößt“, nimmt ihn in die rechte oder linke Hand, und drückt ihn so lange, bis er tot ist. Mit dieser Hand, in der man einmal einen Maulwurf so erdrosselt hat, kann man jede Brustgeschwulst heilen. Man geht dann zu der kranken Frau, legt die betreffende Hand auf die wunde Brust, drückt „nur ordentlich“, das ist nicht stark, und sagt: So wie der Maulwurf in meiner Hand ist gestorben, so sollst du auch vergehen in alle Adern, in alle Glieder dich verziehen, R. R. (Name der Kranken) soll bleiben rein wie die Sonne, wie der Mond, wie die Sterne, im Namen des Gottes, des Vaters, des Sohnes und des werten heiligen Geistes. Dann wenn der Maulwurf mehr stößt, den ich in der Hand gehabt hab, dann sollst du wieder schmerzen! Dreimal, an drei Morgen „aufs Nüchterne“ – vor Sonnenaufgang machen – und die Brust wird gesund.
Aber umsonst darf man es nicht machen, sonst fällt die Marter auf den, der umsonst, d. h. unentgeltlich geheilt hat.

Der W i e s e l b i ß beim Vieh, der wenn nicht halt geheilt, das Vieh umbringt, wird auf folgende Art kuriert: Man tötet ein Wiesel, zieht den Balg ab, spannt ihn auf ein Holz und versorgt ihn. Zeigt sich an einem Viehstück der Wieselbiß und dessen Folgen; eine große Geschwulst, so nimmt man „fließendes Wasser“, tut dieses mit einem Silbergulden in ein Gefäß, nimmt dann das „Wieselfell“ und macht es mit diesem Wasser naß. Dann reibt man das Vieh an der geschwollener Stelle mit dem Balg und auch mit dem Gulden und sagt nichts als; im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des werten heiligen Geistes. Bis man das Vieh dreimal an drei Morgen vor Sonnenaufgang wäscht und reibt, vergeht „es“.

Der „b ö s e  G e i s t“. Das ist eine ganz besondere und geheimnisvolle Macht. Ein Dämon, wie die Gelehrten sagen, ein Teufel haben die alten Juden gesagt. Monomanie sagen die heutigen Gelehrten (Lombroso). Man kennt ihn aber auf jedem Dorfe. Ob auch in den Städten? Wenn die jungen Dorfburschen des abends auf der Gasse stehen oder liegen und sich dies oder jenes Erlebnis oder Geschichten erzählen, wobei die arbeitsmüden Zuhörer fort und fort „einnicken“ (einschlafen), infolgedessen nur den dritten oder vierten Teil des Erzählten hören, dennoch aber alles verstehen, ist auf dem Dorf eine Schande, weil ein Zeichen von Dummheit, und mit dieser kann man auf dem Dorfe oder im Bauernleben nichts anfangen. In der Stadt, wo das Geld nur so fließt, und das Essen immer wie von selbst fertig wird– —

Also in den schönen Sommernächten da sieht man ihn, den bösen Geist, wie er in diese oder jene Gasse geht, in Menschengestalt, aber ganz feurig; auch mit einem Gänsefuß; oder wie er durch die Luft fährt wie ein Wiesenbaum, ganz feurigrot, und durch irgend einen Schornstein zu dem „fährt“ der sich mit ihm zu tun gemacht oder von ihm heimgesucht wird. Dieser Arme ist dann nicht, „wie man sein soll“. Er hat keine Ruhe. Er treibt ihn hierher und dorthin. Er treibt ihn oft aus dem Dorfe fort, auch für immer. Oder er unternimmt, was ihm direkt schadet, ihn um das Vermögen bringt. Wer den bösen Geist hat, der ist nicht wie die anderen Menschen, nicht wie der Mensch sein soll. Den „er hat ihn“.

Da kann keine Menschliche „Kunst“ helfen. Gott, der Herr, allein, der dem bösen Geist Gewalt über diesen oder jenen Menschen gibt, wie einst über Hiob, er allein kann da helfen.

Der böse Geist sieht es gerne auf Weiber und zwar auf verheiratete ab. Er nimmt, um sie in seine Gewalt zu bekommen, die Gestalt ihrer Männer an, lauert ihnen auf, wenn sie abends nach Hause kommen, z. B. aus der Rockenstube, und stellt sich dann hinter dem Gassentürchen oder, wenn die Frau in Begleitung einer Tochter heimkommt, etwas weiter im Hofe hin. Im ersteren Falle „begreift“ er die Frau gleich beim Eintritt in den Hof; sie denkt, es sei ja ihr Mann, warum sollte sie sich mit ihm reißen? Kommt sie dann ins Zimmer, so liegt ihr Mann da ruhig im Bett, sie aber hat sich dem bösen Geist in die Macht gegeben und nun kommt er, so oft es ihm einfällt, in der Nacht „wie ein Wiesenbaum“ durch den Schornstein mit „Gedubber“ (Gepolter) zu ihr. Solche Frauen sind dann wie wahnsinnig, sodaß man sie hüten muß, wollen immer hinaus in den Hof „zu ihm“, weinen dann nachher, sind ganz außer sich und sterben bald. Der vom bösen Geist Befallene sucht, wenn er sich ihm nicht selbst verschrieben hat, solange nach einem wirksamen Abwehrmittel, bis er eines gefunden hat. Dieses wendet er dann jedes Mal an, wenn „er“ kommt. So hatte ein hiesiger wohlhabender Bauer vor etwa 150 Jahren, also im 18. Jahrhundert auch unter dem bösen Geist zu leiden. Und zwar kam dieser oft über ihn, wenn er allein zu Hause war. Aber der glaubensfeste Mann hatte ein Mittel, mit dem er „ihn“ stets fernzuhalten wusste; wenn er den bösen Geist nahen fühlte, nahm er das kirchliche Gesangbuch und sang dann mit seiner lauten Stimme so kräftig, dass es die ganze Nachbarschaft hörte und mit einem „Herr behüt! schatziger Vater im Himmel!“ die Hände faltete, sang aus voller Kehle: „Ein feste Burg ist unser Gott!“ Dann hatte er Ruhe. Dieses bösen Geistes wegen findet man auch in vielen Bauernhäusern auf dem Familientisch das aufgeschlagene Gesangbuch oder die offene Bibel. Sie haben abhaltende Kraft.

Und der S p i r i t u s der „Kleine“ ! Er ist ein Unterpfand des Bundes mit dem Teufel selbst und wer ihn „hat“, der hält ihn in einem kleinen Fläschchen, wo er sich wie etwas Lebendes Bewegt. Man kann sich ihn selbst erzeugen. Erforderlich ist das erste Ei von einer ganz schwarzen Henne, das man dann in der Achselhöhle ausbrüten muß. Dann springt er heraus als kleines schwarzes Männchen mit verhältnismäßig großem Zilinderhut und fragt, womit er dienen soll? Dann, wozu man ihn bestellt; auf Geld, auf Kraft u. a. aber nur eines, das leistet er bestimmt. Wer ihn hat, der hat auch Geld die Fülle, oder ist stark wie eine ganze Schar und kann auch durch „Reden“ Leute sterben machen. Von jedem Essen und von jedem Trank muss der Besitzer oder Besessene „ihm“ ein Stückchen vom Essen oder ein Schluck vom Tranke unter den Tisch fallen lassen. Vergißt er darauf, so hat er des unheimlichen Bundes vergessen und wird hin- und hergeworfen und muß bald sterben.

Wer ihn, den Spiritus, los werden will, der knüpft ihn in ein Tüchel und lässt dieses, gewöhnlich an Orten, wo häufig Menschen verkehren, so auf Märkten, fallen, gleichsam als verlöre er das Tuch, darf sich dabei aber nicht umsehen. Wer das Tüchel, wo er eingewickelt ist , aufhebt, der „hat ihn“ und kann ihn nicht mehr frei werden, es sei denn, er lässt ihn auch so fallen und ein anderer ist so unvorsichtig, den Fund aufzuheben. Deshalb soll man sich hüten, alles auf der Straße Daliegende aufzuheben. Und wer einem Menschen, der einen Spiritus hat, Geld wechselt und tut das eingewechselte Geldstück zu seinem anderen Geld in die Tasche oder in den Riemen, dessen ganzes dort befindliches Geld geht zu jenem, dem man zu wechseln so unvorsichtig war. Wie viele haben das Geld von einem Ochsen im Riemen gehabt, einem mit dem „Kleinen“ gewechselt und das von ihm erhaltene Geld auch in den Riemen gesteckt! Wenn sie aber daheim das Geld zählen wollten, so – fanden sie gar keines mehr, auch wenn sie nicht ganz betrunken waren, fügte einer hinzu. Der mit dem Kleinen hatte es durch das beim Wechseln übergebene an sich gelockt. Darum nur Bekannten Geld wechseln, besonders auf Jahrmärkten! Fremden aber niemals, will man sich nicht um das ganze Geld bringen, zu dem das gewechselte hinzugetan wurde. Und das soll ganz gewiss wahr sein. Darum wechselt auch der Sachse wie der Romäne Unbekannten kein Geld.

Ein Bauer von Reußen hatte den „Kleinen“ auch. Er hatte ihn für Geld bestellt und dieses ward ihm dann in so reichlichem Maße, das er jedes Jahr „baute“: Stallungen, Scheune, Schopfen. Um nur das Geld zu verwenden, riß er Gebautes wieder nieder und baute es von neuem. Aber, Ruhe hatte er keine. Um zu dieser zu kommen, bohrte er in den Fußbodenbalken mit dem großen Bohrer ein Loch, steckte den „Kleinen“ hinein und verstopfte das Loch fest. Doch der „Kleine“ zersprengte das Gefängnis und zerstörte dem reichen Armen alles, alles und zuletzt, als der Bauer einmal zu Walde fuhr und auch das Gewehr an die Leiter hing, nahm der „Kleine“ das Gewehr und erschoß den Treulosen. Auch das soll ganz wahr sein.

Es gibt noch eine Menge Schatzgräber- und andere Geschichten hier. Alle sind selbstverständlich wahr. Denn sie wurden erlebt. Zwar nicht immer von dem sehr überzeugten Erzähler, oder der sehr anschaulich und sehr umständlich berichtenden Erzählerin, aber – doch!

Ein besonderes Kapitel sind die kleinen Künste: die „Fortel“ (Borteile). Doch hierüber ein andermal. Für jetzt mögen bloß zwei erwähnt sein; die

A b w e h r  d e s  H ü h n e r-S c h a r r e n s  von der ausgestreuten Saat, besonders dem Gemüse im Hausgarten und der Schutz vor dem K o r n b r a n d.

Sollen die Hühner vom Scharren im Gemüsegarten und vom Verzehren der Saat selbst ferngehalten werden, so braucht bloß das folgende „Fortel“ angewendet zu werden: Man säet die Gemüsesamen nicht morgens, auch nicht am Tage, sondern erst, wenn die Hühner „aufgehockt“ sind und sagt: „Ich streue dich aus im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des werten heiligen Geistes – du sollst Frieden haben“ und – keine Henne noch Hahn schaut dann nach dieser Aussaat. Aber auch das in den Garten ausgesäte Kukurutz , Getreide feit man so gegen die Hühner.

Und dann der K o r n b r a n d. Was sich doch diese Gelehrten abquälen mit allerhand Mitteln und Rezepten: „Kupferwasser (Kupfervitriol, Asche, Kalk usw.), das ist alles nichts. Der beste und allein sichere Fortel ist das folgende: Während der ganzen Säarbeit beim Ackern, Säen, Eggen schläft man nicht „mit“ der Frau und – hat Ruhe vor den „Brand“.

Eine besondere Art, sich Geld zu machen, erzählte ein Hiesiger, hatten diese Heltauer entdeckt. Wenn eine Frau am Sonntag starb, gingen sie in der Nacht, ganz nackt, zu ihrem Grabe und legten kleine Spiegel, die man extra hierfür kaufte, auf das Grab. In der dritten Nacht holten sie diese, wieder ganz nackt und ohne ein Wort zu reden, ab. Auf den Spiegeln fanden sie dann die Nummern aufgeschrieben, die in der Lotterie herauskommen sollten. Diese Kunst hat ihnen die schönen Hauser gebaut und die Tasche so gefüllt, nicht die Wolle.

Ein hiesiger Zigeuner, der Gaga, der von dieser Kunst der Heltauer gehört hatte, ging auch hin, als eine Frau am Sonntag gestorben war. Hatten sie aber nicht geschwiegen mit dem begleitenden Bekannten, hatten sie sonst es nicht recht verstanden oder hatten die Heltauer es bemerkt, — als sie in der dritten Nacht nach den Spiegeln gingen und schon am Friedhof waren, da flogen auf einmal Kieselsteine auf sie wie der Hagel und vertrieben sie kläglich zerklopft und zerschlagen.

Ein hiesiger Sachs versuchte es mit dem Spiegel auch hier. Und die Zahlen waren dort, doch in der ersten und zweiten Ziehung kam nichts; nun setzte unser W. nicht und richtig! In der dritten Ziehung „kamen“ alle Nummern.

Die Heltauer verstanden diese Kunst allein und ihretwegen hat denn auch die kleine Lotterie aufgehört. Sie gewannen nämlich so viel, dass die Lotterie zusperren musste, „sonst wäre sie ja “pankrott“ gegangen“.

Die Erzählungen von der reichen Räuber-Romantik dieser Gegend in früheren Zeiten, die selbstgeglaubten Hexengeschichten, den „Trappen (Spuren) verdrehern“, die einen, dem sie die Spur verdreht haben, zwingen können, das Gestohlene wieder an seinen Ort zu bringen, dieses oder jenes Mädchen zu heiraten, sie enthalten alle recht eigenartige Blüten des überaus regen und phantasievollen sächsischen Volksgeistes.

Der Gelehrte hält all dies für Aberglauben und lächelt erhaben darüber. Wer aber den Erzählern das Ohr aufmerksam hinhält, den Erzählungen vom „bösen Gras“, den „Kornkröten“, dem „Prikulitsch“(Werwolf), den zahllosen Hexengeschichten, welche Erzählungen sich vom Geschlecht zum Geschlecht fortgepflanzt und durch eigene Erlebnisseergänzt, sich zu einem reichen Volksglauben-Schatz verdichtet haben.

Acht hat zugleich, wie tief eingewurzelt dieser Glaube dem Volksgemüt ist, der erkennt darin das dichterische Schaffen der Volksseele, die die Rätsel im Himmel und auf Erden sich durch gar phantasievolle Dichtung zu lösen sucht, und die an das Wort des englischen Dichters Shakespeare erinnert: „Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumen läßt.“

In der wissenschaftlichen Beilage zum Programm des kgl. Gymnasiums zu Rogasen vom Jahre 1808 hat Prof. D. Knoop „Posener Geld- und Schatzsagen“ veröffentlicht, die er großenteils von Schülern hat sammeln lassen. Die Professoren unserer sächsischen Gymnasien und die Lehrer unserer Volksschulen könnten sich durch ähnliche Sagen-Sammlungen durch ihre Schüler, in Form von Schul-Aufsätzen zusammengestellt und entsprechend veröffentlicht, um die heimische Volkskunde sehr verdient machen.

Der folkloristische oder volkskundliche Wert solcher Sammlungen von Schatzgräbergeschichten, Ortslegenden, Sprichwörtern, „Reden“ bei Heilungen, Aberglauben usw. würde ein noch höherer werden, wenn der Rat Dr. Kolmers in seinem Werke „Aus dem Posener Lande“ in unseren Schulen auch beherzigt würde: In den untersten Klassen ist bei den Übungen im freien Erzählen die heimliche Sagen und Märchenwelt in möglichst weitem Umfange heranzuziehen.

 

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